Die Stasi

Die Gründung der DDR war am 7.Oktober 1949. Schon kurz darauf wurde am 8.Februar 1950 das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegründet. Neben der Zentrale in Berlin gab es Hauptstützpunkte in Gera und Erfurt,  in Gotha und Weimar.

Die Stasi war dafür zuständig, dass nichts (niemand) den Staat oder etwas, was damit zu tun hatte, in Gefahr bringen konnte. Die Stasi entwickelte sich zu einem weitverzweigten, personalstarken Überwachungsapparat. In der gesamten DDR gab es ca. 90.000 hauptamtliche Mitarbeiter und zwischen 110.000 bis 189.000 inoffizielle Mitarbeiter. Sie arbeiteten entweder im Büro oder haben von zuhause aus bzw. vor Ort beobachtet und gemeldet.

Zeitzeugenbefragung

Ich habe meine Oma mütterlicherseits zu dem Thema befragt, was sie selbst von der Stasi in der DDR-Zeit mitbekommen hat. Sie ist heute 73 und war damals in ihren 40ern. Ihr Mann, mein Opa, arbeitete bei Zeiss, was der Stasi einen Grund gab, ihr Haus und ihre Familie zu überwachen.   

Meine Oma sagte: „Da dein Opa bei Zeiss gearbeitet hat, durften wir keinen Kontakt zum Westen haben. Das bedeutete, dass er und ich weder unsere Verwandtschaft im Westen besuchen durften, noch Pakete in den Westen schicken oder aus dem Westen empfangen durften.

Sie erzählte mir auch, dass im  Jahre 1980 oder 1981 am 1.Mai früh um halb 9 das Telefon klingelte und sich die Staatssicherheit meldete. Der Stasi-Mitarbeiter fragte, warum denn noch nicht die Fahne der DDR und zum Tag der Arbeit hängt. Sie sei schleunigst aufzuhängen, sonst gäbe es anderweitige Konsequenzen. Daraufhin haben meine Großeltern gleich beide Fahnen rausgehängt.

Meine Mutter erzählte mir außerdem, dass sie einmal in der Schule ein Madonna T-Shirt trug, welches aus dem Westen kam. Da es meiner Familie verboten war, überhaupt etwas aus dem Westen zu besitzen, wurde sie von der Schule aus nachhause geschickt und war gezwungen sich etwas anderes anzuziehen.

Die Jugendkultur in Jena

Die Jugendkultur in Jena entwickelte sich zwischen der Gründung des Staates am 9.Oktober 1949 bis zum Bau der Mauer am 13.August 1961. In dieser Zeit wurde die Jugendkultur vor allem durch gesellschaftliche und politische Organisationen im Umfeld der Staatsmacht geprägt. Anderseits interessierten die Jugendlichen sich auch für die kulturellen Parallelwelten verschiedener Musikeinrichtungen. Eine dieser Musikrichtungen war der Rock‘n Roll, welcher die jungen Menschen schnell für sich gewann. Die Jugendlichen in der DDR waren zwiegespalten.

Einige wurden Systemgegner und wehrten sich gegen die Staatsmacht, was dazu führte, dass der Staat ihnen gegenüber Gewalt ausübte, um sie zu regulieren und die Stasi immer öfter in Unternehmungen verschiedener Jugendgruppen eingriff.

In der Anfangszeit der DDR gab es noch viele Musikeinrichtungen, doch mit der Zeit wurden sie verboten oder es wurden Kontrollstrategien eingeführt, um zu überprüfen, ob sich jeder an die Regeln hielt.

Nach dem Mauerfall am 9.November 1989 lösten sich viele Gruppen auf. Die Jugendlichen, die sich nun zu Erwachsenen entwickelt hatten, haben ihre eigenen Erfahrungen gesammelt und gelernt sich selbst in Szene zu setzen. Dies war eine gute Vorbereitung auf das Leben in einer kapitalistischen Gesellschaft.

Der Tod von Matthias Domaschk

Matthias Domaschk wurde am 12. Juni 1957 in Görlitz geboren, war ein Vertreter der Bürgerrechtsbewegung in der DDR und Mitglied der Jungen Gemeinde Jena.  Am 10. April 1981 wurden Domaschk und sein Freund Rösch in einem Zug nach Ost-Berlin verhaftet. Sie wollten dort nur feiern gehen. Die Stasi hatte zwei Wochen zuvor einen Bericht über ihn bekommen, und gleichzeitig fand an dem Wochenende auch ein Parteitag der SED statt. So wurden die beiden verhaftet. Die beiden Freunde wurden zuerst im Stasigefängnis Jüterborg verhört, dann am nächsten Tag in das Stasigefängnis nach Gera verlegt. Am 12.April 1981 sollten beide entlassen werden, doch nur Rösch verließ das Gefängnis. Matthias Domaschk kam im Besucherraum der Untersuchungshaft unter ungeklärten Umständen ums Leben. Laut Berichten der Stasi beging Matthias Domaschk Selbstmord. Doch bis heute zweifeln seine Freunde daran. Einige Details in den Stasi-Protokollen zu Domaschks Tod sind widersprüchlich. Dies betrifft vor allem den zeitlichen Ablauf der Ereignisse sowie die Benennung der Räume, in denen sich Domaschk in Gera befunden haben soll. Letztendlich kann man nicht mehr beweisen, ob Matthias Domaschk wirklich Selbstmord beging oder umgebracht wurde.

Zu dem Zeitpunkt, als Matthias Domaschk starb, hatte er eine Freundin und eine gemeinsame Tochter. Der Tod von ihm verbreitete sich rasch und zu seiner Beerdigung am 16.April 1981 kamen trotz Behinderung durch die Stasi 107 Trauergäste.

Die Junge Gemeinde in Jena

Die Junge Gemeinde  wurde zwischen 1966 und 1969 in Jena-Stadtmitte gegründet. Die Jugendlichen trafen sich in einem Haus und in dessen Hinterhof in der Johannisstraße. Schon von Anfang an wurde  die Gruppe als Bedrohung  für den Staat empfunden, weshalb die Stasi jedes einzelne Mitglied überwachen ließ und einen Informanten mit dem Decknamen „Helmut Falke“ einschleuste. Die jungen Jenaer formierten mit immer wieder neuen Aktionen einen Widerstand gegen die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Einer der wichtigsten Widerstandaktionen war die Teilnahme  an der  Unterschriften-Aktion gegen die Ausbürgerung des „Sängers“ Wolf Biermanns am 19.November 1976. Diese Aktion und die darauf folgende Verhaftungswelle wurden in allen oppositionellen Kreisen der DDR bekannt. Nachdem die Unterschriften von allen Anwesenden gesammelt wurden, nahm der Spitzel Helmut Falke eine Abschrift mit nachhause und brachte sie sofort zur Stasi. Die Stasi reagierte sofort und um 3 Uhr nachts kam ein operativer Einsatzstab aus der Bezirksverwaltung in Gera, um 5 Uhr waren die Einsatzpläne fertig, um 6 Uhr begannen die Verhaftungen in Jena. 20 Wohnungen wurden auf die Unterschriftenliste hin durchsucht, 40 Personen verhört, von denen einige in Untersuchungshaft bleiben mussten. Um ein Geständnis zu erzwingen, wurden Psychoterror und Isolationshaft angewandt. Der Einsatz ging erfolglos zu Ende und man fand die Unterschriftenliste nicht. Diese war von Marian Kirstein in ihrem Staubsaugerbeutel versteckt worden. Ein offizieller Prozess wurde gegen die Mitglieder der Jungen Gemeinde nicht geführt. Im September 1977 wurden 7 von 8 Inhaftierten in den Westen abgeschoben. Wenn sie sich dagegen gewehrt hätten, hätte ihnen eine Haft bis zu 12 Jahren gedroht.  

Die Stasi hat es nicht geschafft, die Jenaer Jugendszene unter Kontrolle zu bringen. Aus der Jungen Gemeinde heraus etablierte sich nun die Friedensgemeinschaft Jena. Ihr Zentrum war bei der Jungen Gemeinde. Durch den Tod von Matthias Domaschk 1981 (siehe diesen Artikel) waren alle „Mitglieder“ risikobereit und drängen immer mehr auf eine Antwort für diesen Tod. Im Jahr 1982 veranstalteten sie eine Demonstration in der Innenstadt Jenas, im November 1982 einen Schweigemarsch mit insgesamt 80 Personen, und eine weitere am 24.Dezember 1982. Diese Veranstaltungen wurden von den Sicherheitskräften der Stasi zerschlagen. Im Mai 1983 schob man  Roland Jahn und weitere  40 Mitglieder in den Westen ab. Somit gelang es der Stasi, die Junge Gemeinde und die Friedensgemeinschaft zu zerschlagen.

U. F. und R. G.