Die diesjährige Abiturrede von Jonas Hebestreit

Als die Frage aufkam, wer von den Schülern jetzt zum Abschluss dieser Veranstaltung eine Rede halten könnte, wenigstens ein paar Worte sagen könnte, kam irgendwann Herr Bär auf mich zu und sagte: „Jonas, du bist doch so ein Labersack; du kannst das doch machen!“.

Und mein erster Gedanke dazu war nur: „ich mach‘ hier gar nichts“.

Doch dieser Satz war nicht (nur) Ausspruch meiner Unlust - nein, er hat eine Bedeutung. (Und mit diesem (zugegeben nicht sehr poetischen) Satz möchte ich Sie, liebe Eltern, Lehrer und Euch liebe Freunde begrüßen!)

Warum genau mit diesem Satz?

Nun, an diesen Satz werden sich vor allem Frau Bieber, Herr Ehms und Herr Bär erinnern, denn er war quasi der Standardspruch, wenn es in Griechenland hieß, mal wieder Steine zu klopfen.

Diesen Satz verbinde ich sehr mit unserer Klasse, vor allem wegen dieser Klassenfahrt nach Griechenland. Diese Klassenfahrt nach Griechenland war zwar eine Abschlussfahrt, doch sie wirkte auf mich keineswegs so!

Nicht, dass nicht immer mal wieder Endzeitstimmung aufgekommen wäre wenn zum zehnten Mal der Gandalf-Hardtecc-RMX im Bus auf voller Lautstärke lief. Dennoch - diese Klassenfahrt stärkte den Klassenzusammenhalt noch einmal enorm. Und dieser war schon vorher etwas Besonderes und ich hoffe sehr, dass uns davon etwas erhalten bleibt!

Ob man die Klasse als Zwecks-Zusammenschluss, Leidensgemeinschaft oder zweite Familie sieht, bleibt einem selbst überlassen, doch ich muss sagen, die Beziehungen, das Vertrauen und ja, vielleicht auch die Konflikte die in 12 bzw. 13 Jahren fast täglichem Kontakt entstehen, sind etwas ganz Besonderes. Dieser Effekt, dass man nach sechs Wochen Ferien in die Schule kommen kann, in die (einigermaßen) selben Gesichter sieht - manche haben vielleicht kurzerhand die Hautfarbe gewechselt, weil sie zu lange am Mittelmeer am Strand lagen - aber im Grunde sind es dieselben. Und man kommt da hin, und nach 1 1/2 Monaten ist alles wie vorher, ohne „warm werden“ ohne komische Stille, nein, es kommt einem vor, als sei man gestern auseinander gegangen; diesen Effekt kenne ich nur von hier!

Das mag an dem Waldorfkonzept liegen, an der großartigen (vor-)Arbeit unserer Klassenlehrer Herrn Bodemann und Herrn Bär oder einfach an uns! Wie dem auch sein, ich glaube ich kann im Namen aller sagen: dafür bin ich dankbar!

Doch jetzt ist die Schule leider kein Sandkasten. Selbst hier nicht. Denn es haben sicher alle mitbekommen, vielleicht manche auch zu spüren bekommen: wir schreiben hier kein normales Abi. Und mit „nicht normalem Abi“ meine ich nicht einfacher. Im Gegenteil.

Wir müssen durch 8 Prüfungen:  

  • 2 KL
  • 2 GK
  • 2 MDL
  • 2 Anerkennung.

Trotzdem haben wir das alle geschafft!

Ich kann mich noch gut an den Stress am Ende der 11. Klasse erinnern. Als uns klar wurde, dass jetzt Schluss ist mit feiern, chillen. Und wir den Lehrern klar machen mussten, dass wir Abi-tauglich sind. „Mindestens 50% deiner Hobbys musst du kürzen!“

„Das kannst du vergessen, da kommt Stoff dran, den kann ich nicht erklären, da muss man einen Draht zu haben, das muss man einfach verstehen!“

„Echt?“

Als ich das gehört habe, habe ich gedacht: „alles klar, Feierabend, das mach ich ganz sicher nicht! Ich lasse doch nicht die Hälfte meiner Hobbys sausen, nur für die Schule!“

Ich war im Kopf als schon aus der Tür.

Doch ich bin geblieben. Und mit mir sind noch 12 weitere geblieben. Wir haben uns der Herausforderung gestellt.

Und es war eine Herausforderung!

Für alle von uns.

Ich meine, wir schreiben hier Mathe LK! Das ist das Fach für die Leute, die hinkommen, sich vor das Blatt setzten, die Brille rücken und sagen:

„Ah ja, nice, Analytische Geometrie, das ist ’ne tolle Problematik, da denke ich mich jetzt mal richtig rein!“ Aber, Hand auf’s Herz, das sind hier doch echt die wenigsten!

Doch Spaß bei Seite; damit wollte ich nur ausdrücken, was das Wichtigste ist, was wir hier gelernt haben: zu lernen. Uns zu organisieren. Uns zu disziplinieren. Jeder hier hat Ziele entwickelt. Und Strategien, diese hoffentlich - nein - bestimmt zu erreichen. Jeder hat in diesen 12-13 Jahren gelernt, wer er ist!

Als Corona kam, (ja ich kann es auch nicht mehr hören, aber ich muss was dazu sagen, immerhin sind wir der erste und {hoffentlich} der letzte C-Abi-Jahrgang!), als also Corona kam waren die Gefühle bei uns allen sehr gemischt.

Freude (erstmal 6 Wochen keine Schule).

Besorgnis (was wird aus unseren Prüfungsvorbereitungen?!)

Freude (Corona-Ferien)

Unsicherheit (wird es überhaupt Prüfungen geben?!)

und wieder...Freude!

Es war auf jeden Fall für uns alle hier eine sehr spannende und lehrreiche Zeit. Wir haben alle sehr viel über uns selbst lernen (müssen).

Gelernt uns selbst zu helfen, gelernt mit neuen Situationen und Problemen fertig zu werden.

Und das ist wertvoll! Die Schule öffnet die Türen für die Zukunft.

  1. durch Mittel die sie uns an die Hand gibt, die wir durch dauerndes wiederholen und ständiges Üben wie selbstverständlich verinnerlichen (Polynomdivision gehört übrigens nicht dazu!) und
  2. durch die charakterliche Entwicklung die man während der Schulzeit durchmacht. Und dafür - finde ich - kann man einfach mal danke sagen!

Danke den Eltern.

Danke den Lehrern.

Und danke euch.

Die Schule öffnet Türen, doch wir müssen selbst hindurch gehen! Und ich glaube, darauf sind wir bestens vorbereitet.

Die Eltern hatten Unrecht mit dem Spruch: „jetzt fängt der Ernst des Lebens an!“,

doch sie hatten recht mit dem Spruch: „die Schulzeit ist die Schönste Zeit des Lebens!“.

Die Schulzeit war die schönste Zeit des Lebens - bis jetzt!

Wir haben allen Grund, uns auf unsere Zukunft zu freuen!!!

Danke. -

Jonas Hebestreit